Der "Volksmund" sagt, Raben bringen
Unglück, oder man sieht alles "rabenschwarz", Frauen werden schnell zu
"Rabenmüttern" abgestempelt und manche Menschen klauen angeblich "wie
die Raben". Woher kommt das alles?
Um diese Redensarten zu verstehen, muss man einen Blick in die
Kulturgeschichte des Rabenvogels werfen. Der grosse Verwandte der
Rabenkrähe, mit der er oft verwechselt wird, ist der Kolkrabe. Er galt
seit jeher als Todesbote, vermutlich wegen seiner Vorliebe für Aas.
("Fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben")
Im christlichen Mittelalter brachte man ihn mit dem Teufel in
Verbindung und bezeichnete ihn als Galgenvogel. Das kam so: Damals liess
man die Hingerichteten tagelang am Strang baumeln, was natürlich die
Raben angezogen hatte. Das schwarz glänzende Gefieder der Vögel
erinnerte die Menschen an Pech, eine teerartige Flüssigkeit. Man glaubte
damals, dass in der Hölle Kessel voller Pech für die Sünder
bereitstünden. So wurde der Rabe im übertragenen Sinn zum "Pechvogel".
Wer alles "kohlrabenschwarz" (eigentlich "kolkrabenschwarz") sieht, geht
immer vom Schlimmsten aus.
Weit verbreitet ist auch die Vorstellung, dass Rabenmütter ihre Brut
wenig liebevoll umsorgen. Dieses Vorurteil entstand aus einer
Fehlinterpretation: Kaum sind die Jungen flügge, helfen die eifrigen
Mütter der Brut auf die Sprünge. Sie drängen die Küken zum Nestrand und
forcieren so deren ersten Flug. Daraus entstand der Ausdruck
"Rabenmütter".
Das Gerücht, Raben würden alles klauen, was nicht niet- und
nagelfest sei, beruht ebenfalls auf einem Missverständnis. Die Tiere
bedienen sich zwar durchaus an fremdem Eigentum, allerdings nicht an
Metallen, sondern am Nistmaterial der Artgenossen – also Hölzchen und
Federchen zum eigenen Nestbau. Auch Elstern (gehören ebenfalls zu den
Rabenvögeln) haben entgegen der landläufigen Volksmeinung ebenfalls
wenig Freude an Glitzerdingen. Wer also wie eine Elster stiehlt, hat es
höchstens auf Reisig abgesehen.
Auch die Aussage, dass "eine Krähe der anderen kein Auge aushackt",
ist falsch. Rabenvögel ernähren sich auch von verstorbenen Artgenossen
und picken oftmals zuerst die weichen Augäpfel heraus.
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